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Big Brother Awards 2015: Sozialminister Rudolf Hundstorfer als lebenslanges Ärgernis "ausgezeichnet"

Aktive Arbeits… am Di., 27.10.2015 - 13:08

(Wien/Graz, 27.10.2015) Spät aber doch ist nun einer der größten Datenschutzverletzer der zweiten Republik Österreich am 25.10.2015 mit dem „Big Brother Award“ ausgezeichnet worden: Rudolf Hundstorfer (SPÖ) der mit dem Umbau des (bismarckschen) Sozialstaates zum neoliberalen „Aktivierungsstaat“ ein immer rigider werdendes Überwachungs- und Disziplinierungsregime gegen Arme, Arbeitslose und sogar gegen Invalide zu verantworten hat.

Während über die Reichen und Superreichen dank Abschaffung der Vermögenssteuern unter Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) so gut wie keine Daten mehr verfügbar sind, müssen die von der Wirtschaft als „Überflüssige“ ausgeschiedenen Menschen einen Datenstriptease hinlegen, um ihr eigenes Überleben halbwegs zu rechtfertigen.

"Angesicht des massiven Ungleichgewichts und der permanenten Existenzbedrohung, mit denen der Staat immer tiefer in die Privatsphäre der „Überflüssigen“ eingreift, ist dieser Negativpreis mehr als gerechtfertigt und sollte ein erster Schritt in die Aufarbeitung der zahlreichen Datenschutz- und Menschenrechtsverletzung durch Rudolf Hundstorfer und seine Schreibtischtäter sein“ fordert Aktive Arbeitslose Österreich Obmann von Medien und Politik mehr Aufmerksamkeit für das bislang sprichwörtlich unter den Teppich gekehrte Thema Sozialdatenschutz.

Rudolf Hundstorfers Beiträge zum totalitären Überwachungs- und Aktivierungsstaat:

2010/2011: Einführung der Mindestsicherung

Schon beim Antrag „darf“ mensch der Datenübermittlung zahlreicher Behörden an die Mindestsicherungsbehörde (Gemeinde oder Bezirkshauptmannschaft) zustimmen, was insbesondere im Falle der Gemeinden (Wien!) eine ideale Gelegenheit zum Data-Mining bietet. Durch Verzahnung mit dem AMS wird jeder Verdacht einer Verfehlung vom AMS an die Mindestsicherungsbehörde weiter gegeben. Die Sozialbehörde kürzt dann in der Regel sofort ohne Parteiengehör die Mindestsicherung, obwohl vorher eine „Verwarnung“ auszusprechen gewesen wäre.

2011: Einführung Ethnic Profiling beim AMS

Um MigrantInnen besser „betreuen“ zu können, sprich in Billigjobs stecken zu können, bekommt das AMS automatisch von der Sozialversicherung Daten über den „Migrationshintergrund“, das heißt Daten über die Herkunft (Staatsbürgerschaft) der Eltern, selbst wenn diese schon längst österreichische StaatsbürgerInnen sind (oder auch nur ein Elternteil „migrantisch“ war).

2011/2012: Arbeits- und Gesundheitsgesetz (AGG)

Einrichtung der Beratungseinrichtung „fit2work“, die viele Gesundheitsdaten sammelt. War in der ursprünglichen Fassung des AGG die Datenweitergabe an die Projektträger (Hauptverband der Sozialversicherungsträger (Krankenkassen), AMS, Bundessozialamt, PVA) noch an eine ausdrückliche Zustimmung gebunden, wurde gleich in der ersten Novelle des AGG das Erfordernis der Zustimmung gestrichen. Dennoch bewirbt das Sozialministerium fit2work in groß angelegten Werbekampagnen als „vertraulich“.

Besonders bedenklich: Die Krankenkassen wurden beauftragt, ihre Datenbestände nach Menschen zu screenen, die aufgrund ihrer Krankenstandsverläufen als „Kunden“ der „freiwilligen Beratung“ vorgesehen werden. Zwischen fit2work und Krankenkassen hat Sozialminister Hundstorfer per Gesetz einen Datenaustausch festgelegt, damit jene, die das Beratungsangebot von fit2work nach der ersten Einladung nicht annehmen, noch einmal (mit Nachdruck?) dazu eingeladen werden.

2012: VertreterInnen der Opposition aus der „Pensionsreformkommission“ entfernt

Damit die „Reformen“ ohne lästige Fragen durch die Opposition durchgezogen werden können, hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2012 (SRÄG 2012) die VertreterInnen der Parlamentsparteien, und somit die einzigen VertreterInnen der Opposition, aus der sonst von der Regierung bestellten „Kommission zur langfristigen Pensionssicherung“ entfernt.

2013/2014: Abschaffung der befristeten Invaliditätspension: Zwangsrehab sowie Data-Mining beim Case Mangement

Befristete Invaliditätspensionen wurden abgeschafft. Stattdessen gibt es für Menschen, die von der PVA zwar als (befristet) invalide aber als rehabilitationsfähig eingestuft werden, ein „Rehabilitationsgeld“. Wer beim „Case Management“ bei der Krankenkasse nicht mit macht oder nur die Abläufe verzögert, riskiert bereits die Existenzvernichtung durch Kürzung oder Entzug des Rehabgeldes. Casemanager arbeiten nicht nur „Rehabilitationspläne“ aus, sondern überwachen alle therapeutischen Tätigkeiten und sammeln Daten darüber (Befunde!), auch über jene Tätigkeiten, die nicht als Zwangsrehab bei der PVA zu machen sind wie Hausarztbesuche oder Besuche einer Selbsthilfegruppe!! Aus dem Menschenrecht auf Gesundheit hat Hundstorfer die Pflicht zur Arbeitsfähigkeit gemacht und die Krankenkasse vom Helfer zum Zuchtmeister!

2015: Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz, Ausweispflicht beim Arzt

Ab 1.1.2016 gilt für alle PatientInnen, die der/die ÄrztIn oder das Spital nicht kennt, eine Ausweispflicht. ÄrztInnen werden von „MysteryshopperInnen“ überwacht und verlieren ihre Vertrag mit der Krankenkasse, wenn sie bereit sind, Menschen zu helfen, die z.B. ihren Ausweis zu Hause vergessen haben …

Zukunftsmusik: Skills-„Matching“ beim AMS

Für die Zukunft plant das AMS eine automatische Vermittlung (der nicht vorhanden) Jobs via „Matching“. Neben der vermehrten Erfassung von sensiblen Daten über die Persönlichkeit („Soft Skills“!) wird auch die rechtlich heikle Frage der automatisierten Stellenzuweisung (und daraus folgenden automatisierten Bezugssperren?) interessant werden.

Null Verständnis für Datenschutz: Smart Meter, Jagd auf kranke Arbeitslose

Erst neulich sprach sich ausgerechnet der Sozialminister für Smart-Meter aus und hält die Datenschutzprobleme für gelöst. Mit Smart-Metern könnte leicht überprüft werden, ob BezieherInnen von Sozialleistungen wirklich an der Adresse wohnen, wann sie da sind (also verfügbar für die Arbeitsvermittlung) und ob da vielleicht eine nicht gemeldete Person wohnt. https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK1087/index.shtml

Auch in die Ära Rudolf Hundstorfer fällt die verstärkte Jagd auf kranke Arbeitslose, denen vorgeworfen wird, aus mit den Existenz gefährdenden Sanktionen erzwungenen AMS-Zwangsmassnahmen zu fliehen.

Dies alles ist nur die Spitze des Eisbergs. Gerade die an den Rand der Gesellschaft gedrängten und mit vielen Widrigkeiten kämpfenden Menschen wissen kaum um ihre Rechte Bescheid. Sie haben zumeist kein Geld und keine Kraft mehr, um ihr Recht zu kämpfen. Daher ist die Preisverleihung an den notorischen Datenschutz- und Menschenrechtemissachter mehr als gerechtfertigt!

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